Ecuador

Schon die Fahrt nach Quito war für mich ein Genuss.

Die Landschaft ist so grün und im Horizont erblickt man mächtige Vulkane und Berge. Der Anblick hat etwas mystisches, da die Gipfel oft durch Wolken bedeckt sind und es den Anschein hat, dass die Berge bis in den Himmel reichen. Kurz vor Quito stach mir ein schneebedeckter Berg ins Auge – der Cayambe. Sofort kamen Erinnerungen hoch. Denn vor 2 Jahren bereiste ich dieses Land mit Freunden und damals bestiegen wir u.a. diesen über 5700 m hohen Berg. Die Erinnerung verknüpfe ich mit super vielen Glücksgefühlen, aber auch mit enormer körperlicher und psychischer Anstrengung. Ich bekam sofort das Verlangen in die Berge aufzubrechen. Aber vorerst musste ich mich ein wenig regenerieren.
In Quito angekommen, fuhr ich zu meiner Gastfamilie, in der ich für die folgenden 3 Wochen wohnte. Das Haus war ca. 25 Gehminuten von meiner Sprachschule entfernt und zu meinem Gunsten wurde ausschließlich vegetarisch gekocht. Von meinem Zimmer aus, hatte ich einen tollen Blick in das Tal und bei klarer Sicht konnte ich den Cotopaxi sehen.
Blick aus meinem Zimmer (im Hintergrund der Cotopaxi)
Blick aus meinem Zimmer (im Hintergrund der Cotopaxi)
Die folgenden Wochen hatte ich jeden Vormittag Einzelunterricht. „Poco a poco“ machte ich Fortschritte, aber ich wurde auch stark gefordert. Meistens musste ich nachmittags noch einiges nacharbeiten.
Nebenbei startete ich mit der Vorbereitung für die Besteigung des Cotopaxis. Man muss dazu sagen, dass Quito schon auf einer Höhe von fast 3000 m ü.M. liegt und ich in den ersten Tagen nach 10 Stufen Treppen steigen außer Atem kam. Am ersten Wochenende in Quito machte ich dann meine erste Bergtour auf den Rucu Pichincha. Dies ist der Hausberg Quitos und man kann mit einer Seilbahn (Teleférico) auf 4000m hoch fahren und von da aus den Gipfel besteigen. Ich beschloss aber die Seilbahn zu meiden und von ganz unten nach ganz oben zu wandern. Unmittelbar neben der Seilbahn führt der Alternativweg entlang. Vom Weg aus hat man die ganze Zeit einen tollen Ausblick auf Quito.
Blick auf Quito
Blick auf Quito
Auf halber Strecke musste ich dann plötzlich stoppen als mir eine wilde Kuh entgegenkam und sie mir den Weg versperrte. Ich hatte ein wenig Angst, weil sie sehr aggressive Geräusche machte und mir immer näher kam. Nach einer kurzen Weile kam eine Indigene entgegen und sammelte die ausgebüchste Kuh ein. Nun konnte ich meine Wanderung fortsetzen.
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Die wilde Kuh
Oben an der Bergstation angekommen, habe ich bereits 1000 Höhenmeter und somit die Hälfte geschafft. Nun begann der sportliche Teil.
Der Weg zum Gipfel
Der Weg zum Gipfel
Der Weg zum Gipfel
Der Weg zum Gipfel
Das letzte Stück: Klettern
Das letzte Stück: Klettern
Ich musste bereits sehr langsam gehen, da mein Herz aufgrund der dünnen Luft raste. Nach ca. 3 weiteren Stunden und einigen Felskletterpassagen erreichte ich den Gipfel (4690 m). Leider war die Sicht sehr begrenzt, da ich mitten in den Wolken stand.
Gipfelfoto
Gipfelfoto
Blick nach unten
Blick nach unten
Auf dem Weg nach unten gönnte ich mir für das letzte Stück die Gondelfahrt mit der Teleférico.
In den folgenden 2 Wochen bestieg ich den Rucu Pichincha noch drei weitere Male. Zu meinem Vergnügen begleitete mich das eine mal ein Schulkamerad aus China.
Die Zeit verstrich sehr schnell und ich fühlte mich vorbereitet und aklimatisiert für die Besteigung des Cotopaxis. Am Freitag schwänzte ich den letzten Tag der Schule, um zum Cotopaxi aufzubrechen.
Um 9 Uhr stand ich beim Reisebüro auf der Matte. Jetzt hieß es Equipment anprobieren und zu checken. Neben Polarjacke und Thermosachen wurden wir mit Hardshell Schuhen, Steigeisen, Eispickel und Helmen ausgestattet. Ich lernte während der Anprobe schon meinen Wegbegleiter Hans aus Chile kennen. Zudem begleiteten uns 2 Guides namens Christian und Estalin. Nachdem wir unser Equipment verstaut und in den Jeep geladen haben, fuhren wir zu viert in Richtung Cotopaxi. Auf dem Weg gabelten wir noch Natalia (Amerikanerin) auf. Hans und Natalia haben bereits gemeinsam einen 5000er 2 Tage zuvor zur Aklimatisierung bestiegen. Wir passierten dann die Pforte zum Cotopaxi Nationalpark. Eigentlich hat man von hier aus einen perfekten Blick auf den Cotopaxi, aber dieser befand sich vollständig in den Wolken. Um ca. 13 Uhr machten wir dann einen letzten Stopp in einem Restaurant und aßen zu Mittag. Dort tauschten wir dann unsere Erfahrungen und Kenntnisse über das Bergsteigen mit den Guides aus. Eine Stunde später kamen wir dann am Parkplatz des Cotopaxis auf ca. 4600 m an. Von dort aus mussten wir unsere Ausrüstung selbst tragen. Ungefähr eine Stunde dauerte es dann zu Fuß bis zum Refugio auf 4864 m. Hier herrschten schon andere Temperaturen und es lag vereinzelt Schnee. Wir wurden aber mit einem wärmenden Tee begrüßt.
Unsere Gruppe von links: Estalin, Christian, Natalia, Hans und ich
Unsere Gruppe von links: Estalin, Christian, Natalia, Hans und ich
Danach ruhten wir uns bis zum Abendbrot aus und justierten derweil die Steigeisen. Nach und nach füllte sich die Hütte. Um 17 Uhr gab es dann Abendbrot. Wir nutzten die Gelegenheit um die Besteigung mit den Guides zu besprechen. Wir einigten uns darauf um Mitternacht gemeinsam zu starten und dann am Gletscher zu entscheiden wer von uns dreien in welcher Seilachaft geht. Bereits am Abendessen hatte Natalia mit leichten Kopfschmerzen zu kämpfen und musste Aspirin zu sich nehmen. Nach dem Essen legten wir uns dann in unsere Kojen. Aufgrund der Höhe fällt es einem sehr schwer zu schlafen. Dennoch ruhten wir uns für einige Stunden aus. Um 23 Uhr klingelte dann der Wecker. Wir alle zogen unsere dicken Sachen an und begaben uns in den Aufenthaltsraum. Hier füllten wir unsere Flaschen mit warmen Wasser bevor wir in die Kälte aufbrachen. Um Punkt 12 Uhr nachts starteten wir dann den Aufstieg.
Bereit für den Aufstieg!
Bereit für den Aufstieg!
Die ersten 1,5 h gingen wir über Geröll und Felsen. Es ist ein einzigartiger Anblick, wie die Bergsteiger eine menschliche Lichterkette durch ihre Kopflampen, entlang des Weges bilden. Als wir dann den Gletscher erreichten, machten wir eine Pause und zogen unsere Steigeisen an. Zudem banden wir uns in die Seilschaft ein. Die Guides beschlossen, dass Hans und ich zusammengehen, da Natalia etwas mehr mit der Höhe zu kämpfen hatte.
Nach einer weiteren Stunde auf Eis und Schnee gerieten wir in einen Schneesturm. Mit ca. 60 km/h blies uns der Wind mit harten Schnee- und Eispartikeln ins Gesicht. Das war das erste mal als ich ans Aufgeben dachte. Mir war so kalt, meine Beine machten schlapp und mein Herz schlug in Rekordtempo. Zudem demotivierte die Nachricht von unserem Guide, dass wir noch nicht einmal die Hälfte geschafft haben. Wir quälten uns dennoch weiter und überquerten Schneebrücken über tiefe Gletscherspalten. Als wir die Hälfte an Höhenmetern geschafft hatten, kamen uns einige Gruppen entgegen. Sie berichteten von einem Gewitter. Sofort griff unser Guide zu seinem Walkietalkie und klärte die Situation mit anderen Guides ab. Letzendlich beschloss er ein wenig zu warten und zu hoffen, dass das Gewitter vorbeizieht. Ich hingegen freute mich eine Pause von mehr als 5 min einlegen zu können. Tatsächlich zog das Gewitter vorbei und wir konnten unsere Tour fortsetzen. Steil ging es in Zickzack Linie nach oben. Jetzt ließ auch langsam Hans Kraft nach und er versunk mehrfach im Schnee und fiel hin. Unser Guide wiederholte, dass es ab jetzt reine Kopfsache und Willensstärke sei. Ich dachte alle 10 Minuten ans Zurückkehren, jedoch kniff ich meine Arschbacken zusammen. Erleichterung brach auf als es hieß: nur noch 200 Höhenmeter. Aber diese 200 Höhenmeter waren die längsten und anstrengensten des gesamten Aufstieges. Langsam wurde es hell und die Sonne ging auf. Nach schließlich 7,5 Stunden Aufstieg erreichten wir den Krater und Gipfel des Cotopaxis auf 5897 m.
Gipfelfoto mit Hans und Estalin
Gipfelfoto mit Hans und Estalin
Gipfelfoto
Gipfelfoto
Schwefelgeruch stieg in unsere Nase. Leider waren wir in einer Wolke, sodass wir kaum in das Innere des Vulkans schauen konnten. Dennoch war es ein wahnsinnig schönes Gefühl auf dem Gipfel zu stehen. Als ich vor 2 Jahren aus der Ferne auf den Cotopaxi blickte, kam dort Rauch heraus und die Besteigung war verboten. Nun war ich einer der ersten die den Vulkan wieder besteigen durften.
Nun mussten wir noch den gesamten Weg wieder heruntergehen. Das schöne daran war, dass wir bei Tageslicht die Eisformationen betrachten konnten. Dennoch war es lästig, da wir beide nicht mehr konnten und der Weg unendlich weit erschien.
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Gletscherlandschaft
Gletscherlandschaft
Schließich kamen wir kurz vor mittag am Refugio an und waren so froh diese Leistung vollbracht zu haben. Dort trafen wir auf Natalia, die auf halbem Wege umkehren musste. Nachdem wir unsere Erfahrungen austauschten, packten wir unsere Sachen und kehrten zurück nach Quito.
Nachdem ich meine Sachen von meiner Gastfamilie abgeholt habe, zog ich in ein Hostel um. Dort schief ich erstmal 12h durch. Leider hinterließ die Besteigung Spuren und ich wurde erneut krank. Aber nach ca. 1 Woche fuhr ich weiter nach Cuenca.
Cuenca
Cuenca
Tagsüber schaute ich mir die Stadt an und am Abend fuhr ich von dort aus weiter nach Peru…

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